Jedes Leben ist individuell. Es folgt keinem Muster, unterliegt Planung und Zufällen. Diesem individuellen Leben gilt es, in einer Rede gerecht zu werden. Deshalb arbeite ich nicht mit fertigen Reden, in die lediglich der Name des Verstorbenen eingetragen werden muss. Nein, jede Rede ist so einzigartig wie das vergangene Leben; sie kann aber umgekehrt nur so gut sein, wie mir Hinterbliebene das Leben, die Wesensart, die Vorlieben und Abneigungen zu schildern vermögen.
Es kommt mir auch darauf an, dass die Rede, der Rückblick auf den Verstorbenen ehrlich ist und nicht beschönigt. Es ist eben im Leben nicht alles glatt gegangen, und immer wieder hat man mit Menschen zu tun gehabt, die einem nicht lagen, mit denen man - aus welchen Gründen auch immer - nicht wirklich in Frieden leben konnte.
Auch Schicksalsschläge können Menschen verändern: Sie können aus einem lebensfrohen offenen Menschen durchaus einen verschlossenen Grantler machen. Nun, man muss ja nicht alle weniger erfreulichen Wesenszüge direkt beim Namen nennen, aber auch das weniger Schöne sollte zumindest für die Eingeweihten durchscheinen; sonst bliebe unterm Strich das Gefühl, alles sei eine einzige Beschönigung gewesen.